Mostbach – Der Gründungsort der Waldviertel Tour

Eine geschichtliche Betrachtung von Dr. Herbert Markwitz

Hand aufs Herz: Wer kennt schon das kleine, unbedeutend scheinende Waldviertler Dorf Mostbach, heute eine der 33 Katastralgemeinden von Raabs an der Thaya. Angeschmiegt an eine Berglehne, eine knappe Anzahl von Häusern, kaum 70 Seelen, zeigt die Ortschaft die in der Gegend weit verbreitete Form des Angerdorfes und zwar mit Dreiecksanger um den sich die Gehöfte gruppieren.

Seit 1340 urkundlich fassbar, waren die Bauern hier im Laufe der Jahrhunderte wechselnden Herrschaften untertan (Stift Herzogenburg, Raabs, Weinern), ehe es 1848 zur Auflösung der Grundherrschaft kam und Mostbach eine eigene Gemeinde wurde.

Ansichtskarte „Gruß aus Mossbach“

Auf Grund der Verkehrserschließung (Franz Josefs-Bahn, Lokalbahn Göpfritz-Raabs) zog es viele Städter urlaubshalber aufs Land. Auch Mostbach bezeichnete sich auf einer Ansichtskarte als ,,Sommerfrische“.

Die friedliche Entwicklung wurde 1914 jäh durch die Schüsse von Sarajewo unterbrochen. Dass Johann Riegler, ein Mostbacher Bauernsohn, der gerade seinen Militärdienst ableistete zur Totenwache an der Bahre des ermordeten Thronfolgers Franz Ferdinand und dessen Gattin Sophie abkommandiert wurde, soll hier nicht unerwähnt bleiben.

Ansicht von Mostbach aus dem Jahr 1918

Am Ende des mehr als vierjährigen Krieges kam es zu einer totalen Umwälzung der politischen Ordnung. Österreich wurde von einer Großmacht zu einem Rumpfstaat, von einer Monarchie zu einer Republik, deren Lebensfähigkeit höchst zweifelhaft war. Die damaligen drückenden wirtschaftlichen Verhältnisse (Inflation, Misserten, Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise) führten auch bei den Mostbachern zu einer enormen Verschuldung. Wohl verliehen sie 1934 dem christlichsozialen Bundeskanzler Dr. Dollfuß die Ehrenbürgerschaft, doch 1938 stimmten sie in der Hoffnung auf Verbesserung ihrer katastrophalen Situation geschlossen für den Anschluß Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich.

Die Schrecken des Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit gingen auch an Mostbach nicht vorbei. So war eine Reihe von Gefallenen zu beklagen, ebenso Übergriffe der sowjetischen Besatzungsmach (willkürliche Festnahmen, Requirierung von Vieh und Lebensmitteln). Ein schreckliches Schicksal erlitt 1947 Robert Hofbauer, den ein russischer Soldat, der dessen Gespann an sich bringen wollte, erschoß und in den Straßengraben warf.

Mostbach 1925: Ehepaar Scheidl mit Knechten vor dem noch offenen Mostbach

Erst nach dem Krieg wurde Mostbach an das Telephon- und Stromnetz angeschlossen und die Verrohrung des Mostbaches im Ortsgebiet vorgenommen.
Eine entscheidende Zäsur war zweifellos der Staatsvertrag von Belvedere 1955, der Österreich die Freiheit und die volle Souveränität brachte.

Mostbach um 1970: Heuernte der Familie Gruber

Damit begann eine Periode des ökonomischen Aufschwunges. Den Bauern war es möglich, Traktoren und andere landwirtschaftliche Maschinen anzuschaffen. Es erfolgte eine Konzentration der Bauernwirtschaften, die Nebenerwerbsbauern verkauften  oder verpachteten ihre Gründe.

Mit dieser Entwicklung ging auch eine demographische Veränderung einher. Die Einwohnerzahl, die schon seit dem 19.Jahrhundert kontinuierlich zurückgegangen war, sank, ohne wesentliche Verringerung des Häuserbestandes, abermals (1853: 200; 1910: 130; 1979: 96; 1994: 83). Es gab aber auch Zuzug nach Mostbach, das 1970 zu Raabs eingemeindet worden war. Die zugezogenen, rasch integrierten Personen trugen nicht nur mit der vorbildlichen Renovierung ihrer bisher leer gestandene Häuser zur Verschönerung des Ortsbildes bei, sondern wirkten auch vermöge ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten durchaus prägend in die Dorfgemeinschaft hinein, wie Nachstehendes zeigt.

Merle Kulenkampff (seit 1982 in Mostbach), die Tochter des Schauspielers und Quizmasters Hans Joachim Kulenkampff veranstaltete als ausgebildete Keramikkünstlerin jahrelang viel besuchte Oster- und Weihnachtsmärkte. Mit ihrem kleinen Reitstall organisierte sie die beliebten Ferien auf dem Bauernhof für Kinder. Heute betreibt sie ein Tierasyl. Als Anerkennung ihres Einsatzes erhielt sie vom deutschen Tierschutzverein einen renommierten Preis.

Der Munifizenz des Ehepaares Andrea und Roland Neuwirth (1990 zugezogen) verdankt Mostbach die geschmackvollen Laternen der Ortsbeleuchtung. Frau Neuwirth fungierte jahrelang als Ortsvorsteherin. Dank ihrer Initiative wurden das Feuerwehrhaus, das ehemalige Gemeindehaus und die Ortskapelle vollständig renoviert. Sie war auch der Motor für die Wiederherstellung und Neuerrichtung eines zerstörten steinernen Wegkreuzes ex 1876. Roland Neuwirth, eine bekannte Persönlichkeit im Musikleben, vom Feuilleton ,,als virtuoser Erneuerer des Wienerliedes“ gefeiert, ließ erst unlängst seine Bühnenkarriere mit den Extremschrammeln ausklingen und erhielt aus diesem Anlaß das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien überreicht. Bei so mancher Feier im Ort erfreute er die Korona mit Gustostückerln seines Könnens.2004 komponierte er den Marsch, „Mostbacher Spazierer“, der am Raabser Kirtag uraufgeführt wurde. Dr. Ingrid und Dr. Herbert Markwitz (seit 1973 in Mostbach ansässig) nahmen, „100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Mostbach“ zum Anlaß, eine Schrift vorzulegen, die die Geschichte des Ortes (samt Häuserchronik) sowie der Feuerwehr darstellt. Gleichzeitig stifteten sie eine steinerne Floriansstatue und veranlaßten die Restaurierung einer alten Prozessionsfahne ex 1856 (mit Floriansbild). Das 1995 stattgefundene Feuerwehrfest war ein herausragendes Ereignis. Alles was im Waidhofener Bezirk Rang und Namen hatte, versammelte sich in Mostbach. Mehr als 100 Feuerwehrleute marschierten zu Ehren der jubilierenden Wehr auf, die damals unter dem Kommando des tatkräftigen und initiativenreichen Ernst Göth stand. Nach Feldmesse, Festzug und Frühschoppen moderierte Hans Joachim Kulenkampff in der Festhalle ein Mostbacher Quiz, das sogar vom ORF ausschnittweise gesendet wurde. Und noch ein Weiteres steht mit Mostbach in ursächlicher Verbindung.

Mostbach ist gewissermaßen die Geburtsstätte des Vereins, „Waldviertel Tour“. Ausgehend von Hilfseinsätzen bei der Ernteeinbringung im Haus Gruber, entstand aus der Verbundenheit mit dem Waldviertel unter der Ägide ihres Präsidenten Mag.(FH) Stefan Nikl eine Vereinigung, deren Aktivitäten auf gesellschaftlichem, karitativem, bildungsmäßigem und sportlichem Gebiet in besonderer Weise lobwürdig sind. So nimmt es sich nicht wunder, daß aus Anlaß des 20jährigen Bestandsjubiläum 2013 ein glanzvolles Fest in der Wiener Leopoldstadt gefeiert werden konnte.

Mag Mostbach auch – wie eingangs erwähnt – ein kleines Dorf sein, doch was tut das schon not. „Das Echte weiß im Kleinen groß zu sein“ sagt der Schweizer Dichter Jeremias Gotthelf. Und so wolle es auch in Hinkunft sein.

Dr. Herbert Markwitz

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